Inhaltliches Konzept

 

Verbindliche Grundentscheidungen

 

  1. Die bislang überwiegend von Pfarrerinnen und Pfarrern wahrgenommenen Aufgaben werden in Zukunft von „Interprofessionellen Pastoralteams“ ausgeführt.
  2. Die Zusammensetzung der jeweiligen Interprofessionellen Pastoralteams folgt einer inhaltlichen Konzeption, die sich an den Grunddimensionen kirchlichen Handelns orientiert.
  3. Neben dem Pfarrdienst (verbindlich) können einem Interprofessionellen Pastoralteam Personen insbesondere aus folgenden Berufsfeldern angehören: Gemeindepädagogik, Verwaltung, Kirchenmusik.
  4. Der Charakter der Arbeit in diesen Teams folgt dem Prinzip der Interprofessionalität.
  5. Jede Berufsgruppe ist in ihrer spezifischen und profilierten Verantwortlichkeit erkennbar.
  6. Die praktizierte Zusammenarbeit unterschiedlicher Berufsgruppen und Ehrenamtlicher je untereinander und miteinander im Sinne einer multiprofessionellen Vielfalt bleibt erhalten, soll weiter unterstützt und gefördert werden.

Wichtige Fragen und Antworten zum inhaltlichen Konzept:

Was ist der Unterschied zwischen den bisherigen Formen der Zusammenarbeit in der Kirche und den Interprofessionellen Pastoralteams?

In Anlehnung an die klassische von Yorick Spiegel1 beschriebene Typologie der Zusammenarbeit von Pfarrerinnen und Pfarrern und anderen kirchlichen Berufen entsprechen die Interprofessionellen Pastoralteams am ehesten dem sogenannten „Gruppenamt“, in dem – unbeschadet von dienstrechtlichen Unterschieden – die Mitglieder gleichrangig an der Erfüllung eines gemeinsamen Auftrags arbeiten: „Es gibt in dem Ausmaß der Vorbereitung von Entscheidungen und der Entscheidungsbefugnis keinen Unterschied zwischen einem Volltheologen, anderen akademischen und nicht akademischen Angestellten und den übrigen Mitarbeitenden“. Dieses Gruppenamt, das zur damaligen Zeit vor allem mit einem hierarchiekritischen Ansatz versehen war, konnte sich letztlich nicht dauerhaft und nachhaltig realisieren lassen.2 Allerdings gewinnt in der letzten Zeit in der pastoraltheologischen Diskussion3 immer mehr ein Ansatz Raum, der von einem Dienst am Evangelium in verschiedenen Ämtern, Professionen o.ä. als praktisch notwendig und theologisch legitimiert (1. Kor, 12,4) ausgeht.


1 Spiegel, Yorick: Pfarrer ohne Ortsgemeinde, München 1970, S. 194 ff.
2 Es soll allerdings offen bleiben, ob die mangelnde Akzeptanz dieses Modells ihre Ursachen tatsächlich in der Fokussierung der Kerngemeinden auf eine Person und der mangelnden Bereitschaft der Pfarrpersonen zur Zusammenarbeit (so Michael Klessmann, in: Klessmann Michael, Das Pfarramt, Einführung in Grundfragen der Pastoraltheologie, Neukirchen-Vluyn 2012, S. 281) hat, oder nicht vielmehr der Personalpolitik der Kirchen in den 80iger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, die den Pfarrdienst überproportional ausdehnte.
3 vgl. z.B. Lindner, Herbert: Kirche am Ort, Eine Gemeindetheorie, Stuttgart 1994; Klessmann, a.a.O., S. 268 ff.; Schendel, Gunter: Multiprofessionalität und mehr, SI-Kompakt 3.2020; Bubmann, Peter (2019): Gemeinsam unterwegs im Namen des Herrn. Eine pastoraltheologische Sicht auf das Miteinander kirchlicher Berufsgruppen, in: Praktische Theologie 3-2019, S. 140-150; Kasparick, Hanna / Schulz, Claudia (2019): Kirchliche Berufe: nebeneinander – gegeneinander – miteinander?, in Praktische Theologie 3-2019, S. 131-132)
Ersetzen die Interprofessionellen Pastoralteams die bisherigen Formen von Zusammenarbeit unterschiedlicher Berufsgruppen in der Kirche?

Nein. Grundsätzlich kann festgestellt werden, dass die Vielfalt der kirchlichen Berufe eine angemessene Entsprechung der Vielfalt ist, mit der das Wort Gottes die Welt berührt.1 Dies gilt sowohl für multiprofessionelle und als auch interprofessionelle Formen von Zusammenarbeit. Die Zusammenarbeit von Angehörigen unterschiedlicher Berufe auf den Ebenen kirchlichen Handelns ist darum in der Evangelischen Kirche von Westfalen in der Kirchenordnung verankert (vgl. Art. 44 bis 54 KO) und bewährte Praxis. Dabei haben sich sowohl Formen der Kooperation von Angehörigen derselben Berufsgruppe (z.B. Pfarrteams und Teams in Kindertageseinrichtungen) als auch der gemeinsamen Arbeit über Berufsgruppen hinweg (z.B. im Bereich des Gottesdienstes, dort auch mit Ehrenamtlichen) entwickelt. Diese sollen durch die Form der interprofessionellen Zusammenarbeit nicht ersetzt, sondern ergänzt werden. Dabei sollte insgesamt von den Möglichkeiten Gebrauch gemacht werden, wie bereits heute Teams von Angehörigen derselben Berufsgruppe mit Vertretern andere Berufsgruppen kooperativ zusammenarbeiten.


1 Wenngleich natürlich darauf hinzuweisen ist, dass auch die Vielfalt der Berufe nur eine besondere Form der Erfüllung des Auftrags repräsentiert, der sich an das ganze Volk Gottes richtet: „Das Besondere kirchlicher Berufe besteht …in der Institutionalisierung von innergemeindlichen Tätigkeiten, die an sich dem ganzen Volk Gottes aufgetragen sind“ (Lindner, Herbert, a.a.O., S. 288)
Worin unterscheidet sich interprofessionelle von multiprofessioneller Zusammenarbeit?

Multiprofessionelle Zusammenarbeit orientiert sich vorwiegend an der „Zuständigkeit“ bestimmter Berufsgruppen für Aufgaben und Tätigkeiten auf Grund der jeden Berufsgruppe spezifisch eigenen Handlungskompetenz. Sie ist damit insgesamt ein angemessener Ausdruck von professional-kompetent verantworteter arbeitsteiliger Erledigung von Aufgaben und genügt damit bereits einem bestimmten Maß an Komplexität.
Bei steigernder Komplexität der Aufgaben, wie sie angesichts der immer differenzierter gewordenen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für kirchliche Arbeit in einer sich dynamisch verändernden Gesellschaft der Fall ist, bietet sich allerdings mit dem Konzept der Interprofessionialität1 eine leistungsfähigere Form an. Das Besondere an interprofessioneller Zusammenarbeit besteht unter diesem Blickwinkel darin, dass die unterschiedlichen Perspektiven, die Angehörige verschiedener Berufsgruppen bei der gemeinsamen Wahrnehmung, Analyse und Bewältigung einer Fragestellung oder Aufgabe einbringen, dazu dienen, dieser Komplexität besser gerecht zu werden.2
Gerade die interprofessionelle Zusammenarbeit, die sich nicht an der arbeitsteiligen Erledigung von Teilaspekten „nach Zuständigkeit“ orientiert, sondern an einer Praxis des Miteinanders unter Austausch der jeweils eigenen professionellen Perspektiven, ist so eher in der Lage diese Perspektive z.B. für gemeinsame Entscheidungen zu integrieren.3
Konkret bedeutet dies, dass immer dann von Interprofessionellen Pastoralteams gesprochen werden kann, wenn mindestens zwei Berufsgruppen beteiligt sind, die unter regelmäßigen Austausch der jeweils eigenen Perspektiven und Kompetenzen gemeinsam die Erledigung von Aufgaben analysieren, planen und durchführen.
Dazu müssen Rahmenbedingungen vorliegen, damit die Zusammenarbeit nicht zufällig, sondern institutionalisiert und fallbezogen gestaltet werden kann. Die entsprechende Ausgestaltung der Arbeitsplätze und Beschäftigungsverhältnisse (z.B. Mindestanforderungen an Beschäftigungsumfang und Qualifikation), verbindliche Organisations- und Kommunikationsformen (z.B. Dienst- und Planungsgespräche) und eine gemeinsame konzeptionelle Grundlage (z.B. Orientierung an Gemeindekonzeption / sozialräumliche Ausrichtung der Arbeit), wie sie in dieser Konzeption beschrieben werden, sind darum grundlegende Voraussetzung für die Einrichtung eines Interprofessionellen Pastoralteams.


1 Seinen Ursprung hat dieses Konzept vor allem im Gesundheitswesen. Dort wird Interprofessionalität z.B. „als Lehre und Tätigkeit, die zustande kommt, wenn Fachleute von mindestens zwei Professionen gemeinsam arbeiten und voneinander lernen im Sinne einer effektiven Kollaboration, welche die Gesundheitsresultate verbessert“ (zitiert nach: PT1-2-01 Berufsausübung: Potenziale für Interprofessionalität, Schlussbericht 26.6.2019, S. 60, hg.v. Bundesamt für Gesundheit BAG der Schweiz) definiert.
2 vgl. dazu Nassehi, Armin (2016): Inter-/Multiprofessionalität als neue Form der Professionalität? Interprofessionalität im Gesundheitswesen (Vortragspräsentation 08.12.2016 Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften Bern, https://www.samw.ch/dam/jcr:5b30d32b-e470-4963-b9ac-e8c7f62761b8/praesentation_samw_ interprofessionalitaet2016_nassehi.pdf.
3 Schramm, Steffen (2015): Kirche als Organisation gestalten. Analysen und Konzepte zu Struktur und Leitung evangelischer Landeskirchen, 2 Teilbände, Berlin, S. 617 ff.
Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit von Interprofessionellen Pastoralteams und Ehrenamtlichen?

Im Rahmen einer neuen Struktur von Hauptamtlichkeit ist danach zu fragen, welche Auswirkungen sich gegebenenfalls daraus auf das Verhältnis von Ehrenamt zu Hauptamt ergeben. Festzuhalten ist zunächst, dass die Größe der Interprofessionellen Pastoralteams etwa auf dem gleichen Niveau der bisherigen Pfarrteams bleiben wird und sich somit im Blick auf das zahlenmäßige Verhältnis von Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen keinerlei Auswirkungen ergeben.  Grundsätzlich wird weiterhin von der gemeinsamen Zielperspektive auszugehen sein, wie Sie Präses Annette Kurschus unter Bezugnahme auf 1. Kor. 12,4-6 in der Handreichung „E wie Ehrenamt“ formulierte: „Ehrenamtliche und hauptamtliche Arbeit soll in unserer Landeskirche ineinandergreifen wie zwei Hände, damit die gemeinsame Arbeit gute Früchte trägt“.1  Letztlich trägt dieses Bild der Zusammenarbeit zwischen Ehren- und Hauptamt bereits einen Interprofessionellen Charakter in sich, indem hier bewusst auf ein verbundenes Miteinander der unterschiedlichen Gaben und Kompetenzen von ehren- und hauptamtlich Mitarbeitenden abgehoben wird. Insoweit schließt das Konzept der Interprofessionellen Pastoralteams an dieses Grundverständnis von Zusammenarbeit in der Kirche an. Für deren Gestaltung ist dabei zunächst von den gleichen Überlegungen und Empfehlungen wie sie bislang formuliert waren2, auszugehen. 
Die Zentrierung der gemeindlichen Arbeit auf den Pfarrdienst hat in der Vergangenheit mitunter auch ehrenamtliches Engagement erschwert. Vielmehr müssen die Gewinnung, Qualifizierung und Begleitung ehrenamtliche Mitarbeitender als professionelle Aufgabe der Hauptamtlichen stärker als bisher wahrgenommen werden, wenn das kirchliche Ehrenamt weiterhin attraktiv bleiben soll. Für diese Aufgaben ergeben sich aus der differenzierten Vielfalt und breiteren Kompentenzbasis der neu entstehenden Pastoralteams erweiterte Anknüpfungspunkte für die Zusammenarbeit mit und der Begleitung von ehrenamtlich Mitarbeitenden. Diese Möglichkeiten sollten in entsprechenden konzeptionellen Entwürfen berücksichtigt werden. Gerade angesichts der wachsenden Bedeutung spezifisch qualifizierter Ehrenamtlicher3, scheint es geboten, solche Menschen stärker und sachgerechter durch „passende“ Personen im Interprofessionellen Pastoralteam in die kirchlichen Strukturen einzubeziehen: z.B. Pfarrerinnen und Pfarrer im Gegenüber zu Prädikantinnen und Prädikanten, A+B-Kirchenmusikerinnen und -musiker zu Ehrenamtlichen in der Musik, Diakone und Gemeindepädagoginnen zu von Ihnen geschulten Ehrenamtlichen und nebenamtliche sog. „GemeindeSchwestern“. 
Eine besondere Berücksichtigung sollte hier die Gestaltung der Zusammenarbeit mit der Gruppe der ehrenamtlichen Prädikantinnen und Prädikanten finden. Ausgangspunkt könnte hier die gemeinsame Basis in der Beauftragung zur Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung von Pfarrerinnen und Pfarrern und den weiteren hauptamtlich im Interprofessionellen Pastoralteam beschäftigten Prädikantinnen und Prädikanten mit den ehrenamtlichen sein. Hier kann sich – im Gegensatz zu allen anderen Aufgaben und Tätigkeiten – ein besonderes interprofessionelles Miteinander bis hin zur – zeitweiligen – Einbeziehung der Ehrenamtlichen in das Interprofessionelle Pastoralteam ergeben. 
Ähnliches gilt für die Ehrenamtlichen in Leitungsverantwortung eines Presbyteriums im Zusammenwirken mit den Mitgliedern des Interprofessionellen Pastoralteams, da zum pastoralen Handeln auch die Verantwortung für die Organisation und die Steuerung von Prozessen sowie das Miteinander der Verantwortlichen und die geistlichen Haltung eines Leitungsteams/Gremiums zählt.


1 a.a.O. S. 3
2 a.a.O. S. 10-49
3 vgl. Schendel, Gunther: Ehrenamtliche im Verkündigungsdienst: systemrelevant und offen für neue Rollen, Aktuelle empirische Ergebnisse aus der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers, SI-Kompakt 2-2020, https://www.siekd.de/wp-content/uploads/2020/07/SI-KOMPAKT-2-2020-Schendel.pdf.
Wodurch wird das Profil der jeweiligen Berufsgruppen erkennbar?

In der Interprofessionellen Zusammenarbeit ist der Beitrag, den jede Berufsgruppe einbringt, weniger an spezifisch – nur dieser Berufsgruppe zugeordneten – Tätigkeiten erkennbar (wiewohl der regelmäßige Dienst der Verkündigung und der Sakramentsverwaltung ausschließlich dem Pfarr- und dem Prädikantenamt vorbehalten bleibt), als vielmehr an der Rolle im Team, die sich aus den besonderen beruflichen Kompetenzen ergibt. Während es bei den Tätigkeiten zu Überschneidungen kommen kann oder gemeinsame Projekte arbeitsteilig durchgeführt werden, ist die am beruflichen Profil orientierte Rolle eindeutig einzelnen Personen im Team zugewiesen.
Diese professionelle1 Rolle der Einzelnen im Team wird dementsprechend an ihrer jeweiligen spezifischen „Handlungskompetenz“ erkennbar, „die u.a. handlungs-relevantes Wissen, lösungsorientierte Routinen sowie für das Handlungsfeld relevante Werthaltungen verbindet“.2
Ausgehend davon, dass das pastorale Handeln insgesamt auf hermeneutische Grundkompetenzen angewiesen ist, könnte man auf diese Weise dem Pfarramt dem Schwerpunkt der Traditions- und Situationshermeneutik, dem gemeindepädagogisch-diakonischen Dienst dem Schwerpunkt der Sozialraum-hermeneutik und dem kirchenmusikalischen Dienst dem Schwerpunkt der ästhetischen Hermeneutik zuordnen.3
Diese profiliert unterschiedlichen Zugänge und Deutungslogiken von gemeinsam identifizierten Aufgaben können dann als Teil eines gemeinsamen pastoralen Dienstes verstanden werden, dessen Ziel die Kommunikation des Evangeliums ist.


1 Peter Bubmann nennt diesen gemeinsamen pastoralen Dienst die Förderung der christlichen Lebenskunst: „Die haupt-, neben- und ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen der Kirche sind Hirten und Hüterinnen solcher Lebenskunst, sozusagen das „Kuratorium“ christlicher Lebenskunst (von cura = Sorge)“ (Bubmann, Peter: Gemeinsam unterwegs in Namen des Herrn, in: Deutsches Pfarrerblatt, 12.2020, S. 6)
2 vgl. Weinert, Franz E.: Concept of Competence. A conceptual clarification (2011), in: Rychen, D. / Saganik, L. H. (Hg.): Defining and selecting key competences, Seattle, 51; nach Heinemann, Arne (2018): Professionalität und Professionalisierung im Bilingualen Unterricht, Bad Heilbrunn, 38 f.)
3 vgl. insgesamt: Hermelink, Jan: Der Evangelische Pfarrberuf, in: ders.: Kirche leiten in Person. Beiträge zu einer evangelischen Pastoraltheologie, Leipzig 2014, S. 14-17
Was bringen Pfarrerinnen und Pfarrer in die Interprofessionellen Pastoralteams ein?

Nach Art. 20 KO sind Pfarrerinnen und Pfarrer mit Verkündigung, Verwaltung der Sakramente, Unterricht, Seelsorge und Leitung beauftragt. Keinen dieser Aufträge versehen Pfarrerinnen und Pfarrer jedoch exklusiv1, vielmehr sind sie zur Zusammenarbeit verpflichtet.2 Das Spezifikum des Dienstes von Pfarrerinnen und Pfarrern im Interprofessionellen Team lässt sich also nicht über ihr Aufgabenspektrum erheben. Ihr Dienst lässt sich in verschiedenen Dimensionen profilieren.

Theologische Dimension
Vielmehr bringen Pfarrerinnen und Pfarrer ihre theologische Kompetenz als Basis ein. Pfarrerinnen und Pfarrer sind akademisch-universitär ausgebildet. Sie brauchen diese Qualifikation, um einerseits die Schrift theologisch verantwortet auszulegen und andererseits Zeitgeschichte im Licht der biblischen Botschaft zu beleuchten.3
Pfarrerinnen und Pfarrer übernehmen in besonderer Weise dafür Verantwortung, dass das kirchliche Handeln sich aus dem Evangelium speist und durch das Evangelium seine Orientierung erfährt (theologische Qualitätssicherung)4. Sie stehen ein für das reformatorische „sola scriptura“. Nicht zuletzt ist die theologische Fachlichkeit notwendige Voraussetzung im Gespräch mit der außerkirchlichen Welt.5

Gesamtkirchliche Dimension
Während andere Berufsgruppen in der westfälischen Kirche beauftragt werden, werden einzig Pfarrerinnen und Pfarrer zum Dienst ordiniert. Ihr Dienst ist also – anders als der anderer kirchlicher Berufsgruppen – nicht zeitlich oder örtlich begrenzt: Pfarrerinnen und Pfarrer sind „der gesamten Kirche zum Dienst verpflichtet“.6 Damit ist ihr Dienst per se ökumenisch und verbunden mit einer ekklesiologischen Gesamtverantwortung, die über den eigenen Kirchturm weit hinausreicht.

Öffentliche Dimension
Ihre Ordination weist Pfarrerinnen und Pfarrer in ihren Dienst in der Öffentlichkeit.7 Die Öffentlichkeit ihres Auftrags beruft Pfarrerinnen und Pfarrer immer auch über den binnenkirchlichen Raum hinaus in den Kontakt mit der Zivilgesellschaft, in der sie in öffentlichen Debatten die theologisch-kirchliche Perspektive einzubringen und zu repräsentieren haben.8

Dimension der Leitung
Wenn die Kirchenordnung Leitung zu den Kernaufgaben des Pfarramts zählt, so skizziert sie damit keine Hierarchie9, sondern fokussiert Leitung ausdrücklich als geistliche Aufgabe.10 Pfarrerinnen und Pfarrer haben also die Aufgabe, anderen Diensten Raum zu geben, sie gegebenenfalls zu qualifizieren, zu begleiten und zu fördern.11


1 Wenngleich Art. 19 KO festhält, dass der Dienst an Wort und Sakrament „vornehmlich“ durch Pfarrerinnen und Pfarrer geschieht.
2 „Auf Grund der Taufe sind alle Christinnen und Christen zum Zeugnis und Dienst in der Welt berufen. Alle Ämter und Dienste der Kirche dienen der Erfüllung dieses Auftrages. Der gemeinsame Auftrag verpflichtet die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kirche zu vertrauensvoller Zusammenarbeit.“ (Art. 18 KO)
3 Jan Hermelink, a.a.O.: „Primär besteht die pastorale Aufgabe freilich nicht in einer Auslegung der Überlieferung, sondern in der Deutung und Gestaltung gegenwärtiger Verhältnisse. Der theologischen Traditionshermeneutik muss mit gleichem Gewicht eine theologische Situationshermeneutik an die Seite treten.“
4 Der vom Pfarramt wahrgenommene Dienst „… vollzieht sich als Interaktionsgeschehen mit anderen Ämtern und Diensten, stellt aber in besonderer Weise sicher, dass der sachgemäße Rückbezug auf das Speichermedium Evangelium – in Gestalt der Schriften des neuen Testaments und der Bibel insgesamt – dieses Interaktionsgeschehen orientiert. Beispiele aus anderen Ländern lassen deutlich erkennen, was es bedeutet, wenn dieser Bezug zum Speichermedium Evangelium zu schwach ausfällt …“ Henning Wrogemann, in: Annette Kurschus, Dieter Beese (Hrsg.), a.a.O., S.52
5 „Nur eine theologisch kompetente Pfarrerschaft ist in der Lage, die christliche Botschaft auf intellektueller Augenhöhe mit den „Verächtern der Religion“ differenziert, glaubwürdig und menschenfreundlich zu vertreten und das heterogen vielfältige Gebilde der Gemeinde zusammen mit den Kirchenvorständen sensibel und umsichtig zu leiten.“ (Isolde Karle, Pfarrerinnen und Pfarrer sind nicht die Kirche, aber ihr Gesicht, in: a.a.O. S. 156)
6 Art. 21(2) KO
7 „Der öffentliche Auftrag von Pfarrerinnen und Pfarrern ist als besonderes Charakteristikum des Pfarramts festzuhalten und im jeweiligen Kontext zu gestalten.“ (Abschließender Bericht über den Prozess: „Das Pfarramt in der Dienstgemeinschaft unserer Kirche, vorgelegt zur Landessynode 2017, S. 14)
8 vgl. A.a.O., S.13
9 „Auch wenn sich die Zeiten geändert haben, gilt weiterhin die Feststellung von barmen, dass diese Dienstgemeinschaft in der Kirche nicht im Sinne einer Herrschaft der einen über die anderen organisiert werden soll, sondern bei aller Differenziertheit partizipatorisch im Sinne einer bestmöglichen Entfaltung der verschiedenen Ämter für den Dienst der Kirche. (Hans-Peter Großhans, Das besondere Profil des Dienstes evangelischer Kirchen, in: Annette Kurschus, Dieter Beese, a.a.O., S. 107
10 „Dieses Verständnis des Pfarramtes beinhaltet keinen – gar hierarchisch geprägten – pfarramtlichen Führungsanspruch. Vielmehr ist es dessen Aufgabe im Sinn der ‚Kirchenleitung‘, anderen kirchlichen Diensten und Ämtern (…) Raum zu geben, diese zu fördern und zu unterstützen.“ (Traugott Jähnichen, Theologische Kompetenz als Schlüsselaufgabe, a.a.O., S. 143)
11 Es geht um Leitung als Empowerment und Pfarrersein als Dienst am Priestersein und Priesterwerden der anderen“ (Alexander Deeg, Von Pfarrern und Priestern in der Evangelischen Kirche, a.a.O. S. 83)
Was bringen Gemeindepädagoginnen (Diakoninnen) und Gemeindepädagogen (Diakone) in die Interprofessionellen Pastoralteams ein?

Diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten auf Grundlage der Ordnung für Mitarbeitende in Verkündigung, Seelsorge und Bildungsarbeit. Durch ihre doppelte Qualifikation bringen sie theologisch-sozialpädagogische Kompetenzen und Arbeitsweisen in die Teams ein. Ihre Schwerpunktaufgaben im interprofessionellen Kontext können wie folgt beschrieben werden:

  • Netzwerkkompetenz für die Arbeit mit Ehrenamtlichen, Gruppen, Arbeitskreisen und in Projekten.
  • Pädagogische Kompetenz für die Arbeit mit verschiedenen Zielgruppen.
  • Didaktisch-methodische Kompetenz für die Arbeitsweisen und Methodenvielfalt in den kirchlichen Angeboten
  • Sozialraumkompetenz für die Kooperationen mit anderen Gruppen, Trägern und Einrichtungen im Sozialraum der Kirchengemeinde
  • Praxistheologische Kompetenz im Rahmen der Verkündigung und Seelsorge mit Wort und Tat.

Die Teamrolle dieser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lässt sich in pastoral-sozialdiakonischer Schwerpunktsetzung in Verkündigung, Seelsorge und Bildungsarbeit mit Zielgruppen beschreiben. Sie unterstützen die Leitung der Gemeinde in deren Gesamtverantwortung durch Beratung und in der Übernahme von Leitungsverantwortung für einzelne Arbeitsbereiche.
Neben dieser allgemeinen Beschreibung der Rolle und Aufgaben von Gemeindepädagoginnen und Gemeindepädagogen wird in einigen Teams die Aufgabe des Gemeindemanagements in den Konzepten beschrieben. Hierbei handelt es sich um ein besonderes Profil der Gemeindepädagogik. Mitarbeitende mit entsprechenden Zusatzqualifikationen, die sie durch Fortbildungen oder Studienschwerpunkte in Sozialmanagement erworben haben, können insbesondere folgende Aufgaben im Team verantworten und Leiten: Gebäudemanagement, Struktur- und Gremienorganisation, Personal und Finanzorganisation, Planung der Zusammenarbeit/ Schnittstellen mit dem Kreiskirchenamt. Im Rahmen ihrer pädagogisch/theologischen Kompetenz bearbeiten sie die Schwerpunkte Ehrenamtsmanagement und Teamorganisation.

Was bringen Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker in die Interprofessionellen Pastoralteams ein?

Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker verstehen sich als Mitarbeitende in der Verkündigung. Dies bezieht sich zunächst auf die Gestaltung der Gottesdienste an Sonn- und Feiertagen. Die hymnologische und liturgische Profession befähigt sie dazu, Predigt- und Lesungstexte sowie Kirchenjahreszeiten und besondere Festtage bei der Liedauswahl zu berücksichtigen. So werden den Gottesdienstbesucherinnen und -besuchern unterschiedlichste Möglichkeiten der Auseinandersetzung mit biblischen Erzählungen und theologischen Fragestellungen eröffnet.
Häufig sind Vokal- oder Instrumentalensembles an der musikalischen Aus-gestaltung der Gottesdienste beteiligt. Der in aller Regel mehrwöchige Vor-bereitungsprozess bedeutet eine entsprechend intensivere Beschäftigung der Ausführenden und bietet die Möglichkeit einer weiterführenden inhalt-lichen Wahrnehmung der zuhörenden Gemeinde.
In Kirchengemeinden zählen die Chorgruppen oftmals zu den mitgliederstärksten der sich regelmäßig treffenden Gemeindegruppen. Nicht selten sind Kirchenmusikerinnen und -musiker Ansprechpartnerin-nen und -partner für mehrere hundert Mitglieder der Chorgruppen, Instrumentalschülerinnen und -schüler, Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Fortbildungsveranstaltungen etc.
Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker in A- und B-Stellen in Interpro-fessionellen Pastoralteams bringen darüber hinaus verstärkt seelsorgerliche und pädagogische Fähigkeiten in ihren Dienst ein und praktizieren eine umfangreiche Netzwerktätigkeit mit kirchlichen (gemeindlichen und übergemeindlichen) sowie kommunalen Partnern. Für die Entwicklung der ihnen anvertrauten Chorgruppen entwerfen und verfolgen sie kurz-, mittel- und langfristige Ziele. Sie tragen maßgeblich zum praktischen Ge-meindeaufbau bei, sind an der Ausgestaltung von Gemeindekonzeptionen beteiligt und werden bei entsprechenden Beratungen auf der Ebene der Kirchenkreise miteinbezogen. Durch die Internationalität der Musik bauen sie daneben auch Brücken in der Ökumene – weltweit und vor Ort.

Was bringen Mitarbeitende aus dem Bereich Verwaltung und Organisation in die Interprofessionellen Pastoralteams ein?

Als Verwalterin der Schöpfung Gottes übernimmt die Kirche und in ihr jede Gemeinde Verantwortung für die ihr anvertrauten Gaben Gottes und die Verbreitung der guten Botschaft (1. Mose 1,28ff.; Mt 25,14-30). Das beinhaltet neben theologischen Kenntnissen in einem hohen Maße die Verwal-tung der materiellen Gaben und Organisation des kirchlichen Lebens vor Ort. Dazu gehören u.a. Personalführung, Gebäudemanagement, Haushaltsplanung, Veranstaltungsorganisation, Gremienarbeit u.v.m.
Der zunehmend hohe Verwaltungsaufwand einer Gemeinde erfordert pro-fessionalisierte Kenntnisse in den kybernetischen Aufgabenbereichen „Or-ganisation und Verwaltung“ (1 Kor 12,1-7). Je nach Größe der Gemeinde ist das in Umfang und Zeitaufwand nicht allein ehrenamtlich (Kirchmeister) zu leisten.
Gemeinde- und Verwaltungsmanagement hat die Situation vor Ort genau im Blick und ist somit die Brücke zwischen Gemeinde und Verwaltung des Kirchenkreises. Sie führt zusammen mit den anderen pastoralen Diensten im Interprofessionellen Pastoralteam (Verkündigung, Lehre, Diakonie) die Entscheidungen des Presbyteriums aus, arbeitet mit fundierten Kenntnissen dem Gremium zu und überwacht die Umsetzung der Beschlüsse (1 Petr 4,10).
Dafür ist eine qualifizierte Ausbildung oder Fortbildung in Verwaltung oder Betriebswirtschaft anzusetzen mit zusätzlichen Kenntnissen in kirchlicher Organisationsstruktur und theologischen Grundsätzen.
Gemeindemanagement dient mit dem ihm anvertrauten Gaben dem Wohle aller (1 Kor 12,7).

Grundlegende Informationen zur Eingruppierung von Mitarbeitenden im Bereich „Verwaltungsmanagement“ finden sich hier.

Worin bestehen die Unterschiede zwischen Verwaltungs- und Gemeindemanagement im Interprofessionellen Pastoralteam?

Die Bandbreite möglicher Aufgaben im Bereich der Organisation und Verwaltung ist relativ groß. Sie reichen von der Unterstützung für den Presbyteriumsvorsitz und der Leitung eines (größeren) Gemeindebüros über Fundraisingprojekte bis zur pädagogischen und organisatorischen Begleitung von Ehrenamtlichen-Teams. Ausgangspunkt für die Entscheidung, ob es sich bei der zu besetzenden Stelle um eine im Bereich Verwaltungsmanagement (für Personen mit einer Verwaltungsausbildung) und stärker verwaltenden Schwerpunkten oder im Bereich Gemeindemanagement (für Personen mit einer gemeindepädagogischen Ausbildung) mit pädagogischen Schwerpunkten handelt, sollte immer die Analyse der konkreten Bedarfe vor Ort sein. Dann kann entschieden werden, welches Berufsprofil sich besser eignet.

Diese Tabelle gibt dazu einen vergleichenden Überblick.

Entsteht durch die Einrichtung von Stellen im Interprofessionellen Pastoralteam für “Verwaltungsmanagement” eine neue Verwaltungsebene?

Nein. Grundlage für die Einrichtung einer solchen Stelle ist immer, dass hier lediglich solche (Verwaltungs-)Tätigkeiten verortet werden können, die bislang auch schon auf der Ebene der Kirchengemeinde lagen. Um dies und eine gute Zusammenarbeit mit der kreiskirchlichen Verwaltung zu gewährleisten, ist die Verwaltungsleitung des Kirchenkreises bei der Konzeptentwicklung zu beteiligen. Die Dienst- und Fachaufsicht für die im Verwaltungsmanagement tätigen Mitarbeitenden kann bei der Verwaltungsleitung des Kirchenkreises liegen.

Wird durch die Interprofessionellen Pastoralteams eine neue Leitungsebene eingezogen?

Nein. Die Leitung einer Kirchengemeinde wird vom Presbyterium wahrgenommen (Art. 55 KO). Das Presbyterium kann allerdings Mitgliedern der Interprofessionellen Pastoralteams einzelne Leitungsfunktionen übertragen (Art. 44 Abs. 1 KO).

Kann Mitarbeitenden in Interprofessionellen Pastoralteams mit einer Prädikantenausbildung ein eigener "Pfarr"- oder "Gemeinde"-bezirk zugewiesen werden?

Nein. Mitarbeitende nach VSBMO die die Beauftragung an Wort und Sakrament im Rahmen ihres Dienstes erhalten, sind wie andere Prädikantinnen und Prädikaten begrenzt in diesem Dienstauftrag eingesetzt. Sie übernehmen keinen lokal abgegrenzten Bezirk. Pfarrbezirke werden nach wie vor mit Pfarrerinnen und Pfarrern besetzt. Die anderen Mitarbeitenden im IPT arbeiten in den Bezirken mit Querschnittsaufgaben und einzelnen begrenzten Diensten in der Beauftragung an Wort und Sakrament.